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  • AutorenbildDr. Yvonne Reyhing

Sprachentwicklung

Sprechen lernen – eine Entwicklungsaufgabe, die sich über mehrere Jahre hinweg vollzieht und deren Ergebnis unser Leben maßgeblich beeinflusst. Ich bin immer wieder fasziniert, wie Kinder sprechen lernen. Vom Verstehen zum eigenen Sprechen – und vor allem die Zeit, in der sie täglich neue Worte lernen – für mich einfach genial!

Auch wenn es für uns wirkt, als ginge das alles von ganz alleine, so macht es doch einen Unterschied, wie wir Erwachsenen unsere Kinder von klein an in der Sprachentwicklung unterstützen. Daher freue ich mich sehr, dir einen spannenden Beitrag von Aline Feer bieten zu können. Aline Feer ist Logopädin und M.A. Frühe Kindheit und daher Expertin für die kindliche Sprachentwicklung und deren Begleitung.


Die kindliche Sprachentwicklung

von Aline Feer


Sprache ist überall. Wir brauchen Sprache, um mit Mitmenschen in Kontakt zu treten, im Gegenüber etwas auszulösen, unsere Gedanken mitzuteilen und unsere Lebenswelt und unsere Erlebnisse für den anderen zugänglich zu machen.

Die meisten Kinder lernen sprechen ganz selbstverständlich und dies, obwohl es eine hochkomplexe Fähigkeit ist und viele Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit ein Kind zu sprechen beginnt. Aber beginnen wir ganz von vorne. Ein Kind zeigt von Geburt an ein grosses Interesse an der Sprache der Bezugsperson und beginnt diese mit ca. 6 Monaten in Form von Silbenketten nachzuahmen. Ebenfalls im ersten Lebensjahr steht das Erkunden von Gegenständen mit allen Sinnen im Vordergrund. Diese Erfahrungen mit verschiedensten Gegenständen hilft deinem Kind, ein inneres Bild der Welt aufzubauen, was eine wichtige Voraussetzung für den Spracherwerb ist. Um das Alter von 9 Monaten beginnt sich ein Kind dafür zu interessieren, was du als Mama oder als Papa zu Gegenständen und Handlungen sagst. Du kannst das zum Beispiel beobachten, wenn dein Kind den Löffel auf den Boden fallen lässt und sofort den erwartungsvollen Blick an dich richtet: «Was sagst du dazu?». Dein Kind merkt schnell, dass du zu ähnlichen Handlungen oder Gegenständen immer dasselbe sagst und beginnt so die Wörter, die es hört, mit Inhalt zu füllen. Dein Kind beginnt im Alter von ca. 12 Monaten einfache Äusserungen zu verstehen und sagt bald darauf die ersten Wörter. Es ist ganz natürlich, dass das Kind die Wörter anfangs noch stark vereinfacht ausspricht und einzelne Laute ersetzt. Dies hat mit der Erwerbsreihenfolge der Laute zu tun, die im Mundraum von vorne nach hinten abläuft. Das bedeutet, dass beispielsweise die Laute M, P und B vor den Lauten K oder G erworben werden.

Mit zunehmendem Alter, Handlungserfahrungen und sprachlichem Input versteht dein Kind besser und spricht selbst immer mehr Wörter, welche es dann im Alter zwischen 18 und 24 Monaten zu Zweiwortverbindungen zusammenhängt. Ungefähr mit 24 Monaten hängt das Kind dann mehrere Wörter aneinander und beginnt etwa ein halbes Jahr später erste grammatikalische Regeln anzuwenden. Es spricht nun in einfachen ganzen Sätzen.


Je mehr Erfahrungen dein Kind sammelt und je differenzierter seine Vorstellungen von der Welt sind, desto länger und komplexer werden auch dessen Äusserungen. Dein Kind will nun erzählen, was es in der Kita gespielt hat, wieso es am Finger ein Pflaster oder von wem es die Blume geschenkt bekommen hat und sucht in seiner Umgebungssprache nach Formen, wie es dies sprachlich ausdrücken kann. So beginnt ein Kind zwischen 36 und 42 Monaten in ganzen Haupt- und Nebensätzen zu sprechen und kann ab ca. 4 Jahren erste einfache zusammenhängende Geschichten erzählen. Im weiteren Verlauf baut das Kind seinen Wortschatz immer weiter aus, bewegt sich zunehmend sicherer in den grammatikalischen Feinheiten der Sprache und auch der Lauterwerb ist bis zum Alter von viereinhalb Jahren abgeschlossen.


Was ist nun also wichtig, wenn du dein Kind in der Sprachentwicklung unterstützen willst?

Wie schon erwähnt, sind die Handlungserfahrungen und die Chance zur Auseinandersetzung mit der Welt ganz wichtig für den Spracherwerb. Du kannst dein Kind also unterstützen, indem du ihm eine sichere Umgebung bietest, in der das Kind die Welt erkunden, eigene Erfahrungen sammeln und somit innere Bilder aufbauen kann.

Auch ist es von grosser Wichtigkeit, dass du von Anfang an mit deinem Kind sprichst und somit den Zugang zu Sprache ermöglichst. Sprachförderung soll ganz nahe an deinem und dem Alltag deines Kindes sein. Bezieh dein Kind, wenn immer möglich, in deine Tätigkeiten mit ein. Lass dein Kind imitieren, was du machst und sprich mit ihm darüber.

Sprich allgemein über die Dinge, die dein Kind interessiert, benenne Gegenstände, auf die dein Kind zeigt und gehe auf die Äusserungen deines Kindes ein. So verhilfst du deinem Kind zu einem lustvollen und positiven Zugang zur Sprache.

Wenn es dir als Bezugsperson ebenfalls Freude bereitet, dann sind auch Kinderlieder und Verse eine tolle Möglichkeit die Sprache spielerisch im Alltag einzubauen.

Im frühen Alter empfiehlt es sich noch nicht spezifische Spiele zur Sprachförderung anzubieten. Eine tolle Möglichkeit die Sprache aber schon im frühen Alter gezielter zu fördern, stellen Bilderbücher dar.

Im Gegensatz zum klassischen Vorlesen, bei dem vor allem du als Bezugsperson sprichst und dein Kind zuhört, geht es beim sprachförderlichen Anschauen eines Bilderbuchs darum, mit dem Kind in einen Austausch zu kommen. Das Bilderbuch bietet einen gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus und einen Sprachanlass. Die Geschichte des Buches ist nur zweitrangig. Dabei ist es wichtig, dass du dich an deinem Kind orientierst. Das Kind soll das Buch halten, blättern und bestimmen, worüber gesprochen wird. Du als Bezugsperson gibst lediglich Inputs, nimmst die Äusserungen deines Kindes auf und erweiterst sie.


Sprache ist etwas Tolles, macht Spass und eröffnet neue Welten. Wenn du mit dieser Einstellung in den Alltag und in die Interaktion mit deinem Kind gehst, dann machst du Vieles in Bezug auf die Sprachförderung intuitiv richtig und ehe du dich versiehst, plaudert dein Kind munter drauf los.

Weitere spannende Anregungen zum Thema Sprache findest du auf der Seite www.kinder-4.ch.


Vielen Dank, liebe Aline für diesen Beitrag.


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